Angesichts der globalen Klimakrise sollen in der EU ab 2035 keine CO2-ausstoßenden Autos mehr zugelassen werden. Gleichzeitig soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 40 Prozent steigen. Doch woher sollen die „kritischen“ Rohstoffe für all die Batterien, Windräder oder Solaranlagen kommen, die zum Erreichen dieser Ziele benötigt werden? In Europa selbst sind die Vorkommen begrenzt, und in den betroffenen Gemeinden und bei den lokalen Communities, z. B. in Portugal und Serbien, regt sich Widerstand gegen die Ansiedlung zerstörerischer Industrien. Gleichzeitig wird in der EU und den USA die Abhängigkeit von Importen „kritischer“ Ressourcen und „grüner“ Technologien aus China häufig als geopolitische Bedrohung empfunden.
Diese vielfältigen Spannungen führen zu einem „grünen Wettlauf“ um Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt, der vor allem in Afrika bereits begonnen hat. Der Rohstoffrausch könnte einmal mehr zu einem Kreislauf aus Exportabhängigkeit, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen führen. In vielen afrikanischen Ländern wird die Produktion bereits ausgeweitet (u. a. in der DR Kongo für Kobalt und Lithium, in Ghana, Namibia oder Simbabwe für Lithium), was von lokalen Aktivist*innen als Reproduktion kolonialer Strukturen und Ausbeutung („grüner Kolonialismus“) kritisiert wird. Dabei haben 600 Millionen Menschen auf dem Kontinent keinen Zugang zu Energie - sei es aus erneuerbaren oder fossilen Quellen.
In diesem Zusammenhang wird sich die Diskussion auf folgende Fragen konzentrieren:
- Welche politischen Maßnahmen und Voraussetzungen sind notwendig, um eine grüne und gerechte Industrialisierung zu ermöglichen?
- Wie könnten die afrikanischen Länder ihren Ressourcenreichtum und den Boom der „grünen" Technologie für die Entwicklung der lokalen Wirtschaft nutzen?
- Wie können EU-Politiken und die europäische Industrie eine positive Rolle spielen und zu einem gerechten Übergang beitragen - nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika?
- Wie können Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards gestärkt werden, um lokale Gemeinschaften vor den negativen Auswirkungen des Bergbaus zu schützen?
- Wie kann die Energiearmut in Afrika bekämpft werden? Werden Öl und Kohle dabei weiterhin eine Rolle spielen?
Podium
Mkhululi Nkosilamandla Ncube
ist Programmbeauftragter im African Minerals Development Centre der Afrikanischen Union. Er arbeitete viel Jahre für die UN-Wirtschaftskommission für Afrika (UNECA) an Industrialisierungsstrategien und der Verwaltung des afrikanischen Mineraliensektors. Er war Mitglied der International Study Group to Review Africa's Mining Codes (ISG) und verfügt über mehrjährige Erfahrung im strategischen Wissensmanagement, das auf nationales politisches Engagement ausgerichtet ist, sowie in der Entwicklung an der Basis in den Bereichen Jugend- und Frauenförderung. Er ist Gründer und ehemaliger Leiter eines Unternehmensgründerzentrums in Simbabwe, das Start-ups in den Bereichen Bergbau, Landwirtschaft und App-Entwicklung beherbergt.
Samantha Hargreaves
ist die Gründerin von WoMin, das Ende 2013 ins Leben gerufen wurde, und fungiert dort als Direktorin, Programmleiterin und Leiterin der Fundraisingabteilung. Sie ist eine afrikanische ökofeministische Aktivistin mit drei Jahrzehnten Erfahrung in den Bereichen ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Rohstoffgewinnung. Sie hat als (Feld-)Forscherin, Aktivistin, Strategin und Programmmanagerin in lokalen, südafrikanischen, afrikanischen und internationalen Organisationen gearbeitet.
Eszter Batta (zugeschaltet)
Sie ist Expertin im Referat Rohstoffe der GD GROW, der Abteilung Industrie und Binnenmarkt der Europäischen Kommission. Eszter Batta arbeitet an internationalen strategischen Partnerschaften zwischen der EU und Partnerländern, einschließlich einer Partnerschaft mit der Demokratischen Republik Kongo. Vor ihrer jetzigen Tätigkeit war sie von 2019 bis 2022 Mitglied des Kabinetts von Kommissar Breton, wo sie unter anderem für Themen im Zusammenhang mit dem grünen und digitalen Wandel von industriellen Ökosystemen sowie Rohstoffen zuständig war. Sie begann ihre Laufbahn bei der Europäischen Kommission im Jahr 2009 und sammelte umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Binnenmarkt, Wettbewerbsfähigkeit und Kreislaufwirtschaft. Davor war sie als politische Beraterin eines Mitglieds des Europäischen Parlaments tätig. Eszter Batta studierte internationale Beziehungen an der Corvinus-Universität Budapest und Politikwissenschaften an der Universität Köln.
Karin Küblböck
ist Ökonomin mit den Forschungsschwerpunkten Rohstoffpolitik, Privatsektorentwicklung, Internationaler Handel und Investitionspolitik. Sie ist zudem Mediatorin und Moderatorin. Sie ist seit 1996 wissenschaftliche Mitarbeiterin der ÖFSE und dort seit 2001 im Bereich „Weltwirtschaft und Entwicklung“ tätig. Sie hält regelmäßig Lehrveranstaltungen zu ihren Themen, setzt Forschungsprojekte um und berät öffentliche und private Institutionen.
Moderation: Sophie Veßel
Sie ist Fachreferentin bei der Arbeitsgemeinschaft Globale Verantwortung, dem Dachverband österreichischer Nichtregierungsorganisationen für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe. Sie arbeitet dort zu Menschenrechten und Politikkohärenz im Interesse nachhaltiger Entwicklung, wobei sie sich auch mit der österreichischen bzw. europäischen Rohstoffpolitik beschäftigte.
Begrüßung: Martina Neuwirth
Sie ist Referentin am VIDC und arbeitet zu den Themen Transformation & Klima sowie Steuern & Entwicklung.